Laufen in der Woche des Drachen

Beschäftigten mich vergangene Woche noch die ganz großen Themen unserer Zeit, war ich diese wieder zurück im Kleinen, im ganz normalen Wahnsinn des Alltags.

Beenden möchte ich die „Woche des Drachen“, so habe ich sie gerade spontan getauft, deshalb mit einem Blogbeitrag, der zumindest einen kleinen Tabubruch für mich darstellt.

Eigentlich sollen nämlich Themen im Mittelpunkt meiner Beiträge stehen. Und trotzdem möchte ich dieses Mal einfach nur erzählen…

Laufgeschichten

Von Zeit zu Zeit wechselt man unweigerlich vom Leben zum „gelebt werden“ – kennt Ihr das?

Diese Woche war das bei mir so und ich möchte gar nicht im Detail und schon gar nicht chronologisch darauf eingehen, warum das so war. Es war eben eine dieser besonderen Wochen und ich möchte exemplarisch drei kleine Geschichten daraus erzählen, die zumindest mittelbar mit dem Laufen zusammenhängen.

1. Besuch beim Kinderarzt

Egal ob ambitionierter Athlet oder Genussläufer mit Suchtpotential, wir Läufer sind noch weniger gerne krank als Nichtläufer, so jedenfalls mein Eindruck. Jede Erkrankung bedeutet eine Zwangspause und die bekommt uns Läufern eben gar nicht gut – und den Partnern von uns Läufern nicht selten noch schlechter.

Wahrscheinlich liegt es an diesem Gesundheits-Aufrechterhaltungs-Trieb, dass ich schon beim Betreten einer zur besten Erkältungszeit vollgestopften Arztpraxis Gänsehaut bekomme.

Diese Woche aber ließ es sich einfach nicht vermeiden. Mein Kleiner hatte den vierten Tag Fieber, was leicht ausgereicht hat, damit die eigene Gesundheit in den Hintergrund rückt.

Wenn einer in unserer Kleinfamilie krank ist, dann kommt unser sauber durch getaktetes Arbeitsleben ins Wanken (zumindest, wenn es einer der beiden männlichen Familienmitglieder ist). Das ist bei zwei voll berufstätigen Elternteilen ganz und gar unvermeidlich.

Es heißt dann nämlich nicht nur die Versorgung des kranken Nachwuchses sicher zu stellen, sondern auch noch effektiver als sonst zu sein und das bei Nächten mit wenig Schlaf. Aber das kennen alle Eltern.

Ich musste also wohl oder übel zum Kinderarzt:

Die Begrüßung: „Heute müssen Sie aber etwas Geduld mitbringen“.

Das Wartezimmer: randvoll.

Luft zum Atmen: nicht mehr vorhanden.

Ansteckungspotential: gefühlt unvermeidbar…

Mein heutiger Lauf bei schönstem Wetter war super locker und hat mich trotzdem total geschafft. Hoffentlich lag es nur am Stress der vergangenen Tage.

2. Adventskalenderstreak

Diese Woche begann in der Welt der Laufblogs mit mehreren Aufrufen zum Adventskalender-Streak, d.h. jeden Tag bis Weihnachten Laufen gehen – ohne Ruhetag dazwischen – und dabei mindestens 1 Meile zurückzulegen.

“Ich bin noch nie 24 Tage hintereinander gelaufen, weil ich es erstens nie für besonders sinnvoll gehalten habe und zweitens regelmäßig gute Gründe für einen Ruhetag vorhanden sind.”

Dazu gehören z.B. besonders lange Läufe am Vortag, überlange Außendiensttage, Unwohlsein und familiäre Verpflichtungen genauso wie: “sich einfach mal hängen lassen wollen”.

Angesprochen hat mich der Aufruf zum Streak aber doch irgendwie. Vor allem weil ich es noch nie probiert habe.

“Fünfmal die Woche laufe ich sowieso, und an den beiden anderen Tagen mindestens 1,6 km zu laufen, ist ja wohl keine echte Herausforderung – oder?”

Naja, ist sagte ja schon – das war eine dieser Wochen, die man gerne abhakt. Abgehakt habe ich gestern Abend dann auch den Streak. Ich wollte einfach nur noch ein Glas Wein. Klar, 1,6km wären locker drin gewesen…

3. Diagnose Herzmuskelhypertrophie

Um es vorwegzunehmen, mich hat diese Diagnose diese Woche nicht getroffen, meine liegt schon ein paar Jahre zurück. Dennoch hat mich das Thema berührt, wenn auch nur mental.

Seitdem ich selbst diesen Laufblog schreibe, hat sich auch der Radius der Blogs, die ich lese, noch einmal deutlich erweitert. Die Welt der Laufblogs hat ein wenig Community-Charakter. Das hilft einerseits, den eigenen Leserkreis zu erhöhen und Feedback für das eigene Schreiben zu bekommen. Andererseits, was noch wichtiger ist, vergrößert es den eigenen Horizont und fördert damit auch neue Ideen.

Zu den von mir zuletzt regelmäßig besuchten Laufblogs gehört der Laufblog von Marco, einem engagierten Ultraläufer, den ich zwar persönlich nicht kenne, aber dessen veröffentlichte Gedanken mir regelmäßig gut gefallen.

Sein Beitrag „Herzmuskelhypertrophie“ (ich musste den link leider löschen, da er mittlerweile auf Abwege führt, 12.12.2016) von dieser Woche hat mich deswegen besonders bewegt. Er beschreibt darin nicht nur was hinter der Diagnose steckt, sondern auch, dass ihn die Diagnose diese Woche selbst getroffen hat. Und das ist für einen engagierten Läufer schon ein Hammer.

“Vor etwas mehr als zwei Jahren hat die Diagnose linksventrikuläre Hypertrophie meine eigenen Fragen zum Unwohlsein nach härteren sportlichen Belastungen ziemlich abrupt beantwortet.”

Und ich habe fast genauso lange gebraucht, um mit dieser Diagnose umzugehen. Noch heute sind bei weitem nicht alle meine Fragen dazu beantwortet. Als Läufer wird man da ziemlich allein gelassen. Wer sonst kann schon nachvollziehen, dass man deswegen nicht einfach mit dem so geliebten Sport aufhören will?

Wie sagte mein Hausarzt seinerzeit so schön: “Sie gehören wohl zu den wenigen Menschen, denen Ausdauersport nicht wirklich gut tut.”

Mittlerweile bin ich selbst damit recht weit und das ist auch Teil meiner Motivation für diesen Blog. Mehr dazu kann man bei Interesse unter „Über mich und meinen Blog“ finden. Letztlich zieht sich diese Einschränkung aber wahrscheinlich durch die meisten meiner Beiträge.

Mich hat Marcos Beitrag jedenfalls sehr mitgenommen und ich wünsche ihm, dass er einen guten Weg findet, das Laufen mit der Herzkrankheit zu vereinbaren, sobald er mehr Klarheit dazu hat.

Ehrlich erstaunt hat mich, dass ich unter den vielleicht zwanzig Laufblogs, die ich derzeit lese, so schnell auf jemanden treffe, der mit einer ähnlichen Beeinträchtigung läuft und sicher auch weiterhin laufen wird.

Und so unpassend es klingt, mir hilft das. Und ich hoffe einfach, dass es auch Marco so empfinden wird und wer auch immer da draußen mit ähnlichen, beherrschbaren Problemen zu kämpfen hat.

Eine echte Einschränkung der Lebensqualität bedeutet eine solche Diagnose aus meiner Sicht langfristig nicht.

Die Woche des Drachen

Diese drei Geschichten waren natürlich nicht allein ausschlaggebend dafür, dass diese Woche außergewöhnlich anstrengend war. Aber ich will ja kein Lauftagebuch schreiben…

Ich habe heute – wie eigentlich in der vergangenen Woche auch schon – meinen Gedanken einfach freien Lauf gelassen. Dies soll dem Schreiben in manchen Fällen gut bekommen. Die Anregung zu ungezähmten Texten verdanke ich einem Beitrag in Franziskas Blog „Schreiblauf“.

“Immer wenn ich in Zukunft also das Bedürfnis verspüre, doch eine Art von Wochenbericht zu verfassen, dann werde ich der Woche einen Namen verpassen.”

So ist diese zu meiner „Woche des Drachen“ geworden.

Und keine Sorge, schon bald werde ich wieder Laufphänomene analysieren und beschreiben, wie von mir gewohnt.

8 thoughts on “Laufen in der Woche des Drachen”

  1. Guten Morgen, lieber Sebastian,

    Besuche beim Kinderarzt – auch davon könnte ich Lieder singen, alles schon abgehakt, aber nicht vergessen, auch nicht die schlaflosen Nächte !

    Zum Thema Streak – habe Streaker hautnah erlebt, gibt sogar ein deutsches Forum, in dem man sich austauscht. Für mich war das nie ein Thema, ich brauchte und brauche immer meine Auszeit, die nehme ich mir, jeden Tag zu laufen, das wäre für mich Zwang, und Zwängen ist man im Alltag oft schon sowieso ausgesetzt. Laufe dann, wenn mir danach ist, pro Einheit mindestens 15 Kilometer. Einmal wegen 1,6 km um den Blog zu rennen, nur um den Streak zu erhalten, das ist nichts für mich.

    Die Geschichte mit dem ♥ werde ich mal bei dir nachlesen, zum Glück blieb mir das bis dato erspart !

    Stürmische Grüße von der See, ich schau dann mal, was das draußen los ist ! 😎

    1. Liebe Margitta,

      Das mit den 1,6km halte ich auch eher für eine Art Notnagel dafür, dass man den Streak auch bei leichten Erkrankungen aufrecht erhalten kann. Ich laufe immer mindestens 45 Min., sonst lohnt sich ja das umziehen nicht 😉 vom geringen Trainingseffekt mal abgesehen. Und auch mit dem Zwang geht es mir mal wieder wie Dir…

      Trotzdem kann so ein Streak natürlich auch mal durch ein Motivationsloch helfen.

      Beste Grüße
      Sebastian

  2. Ich habe ein bisschen über den Drachen nachgelesen.
    Bei den Chinesen steht er für das ungestüme, stürmische … die gerade durch Deine Wochen fegen …
    Und weiter lese ich, dass in diesen Stürmen auch Helfer beistehen … denn Hilfe bekommt die Drachenwoche aus ihrem Mut und Optimismus!

    Ich wünsche Dir eine gute Woche 🙂
    Viele Grüße,
    Hans

  3. Hallo Sebastian,

    ja die Diagnose letzten Mittwoch war schon der Hammer. Trotzdem habe ich mich gestern ganz langsam auf die Socken gemacht. Nur strikt nach Pulsuhr laufen kann schon etwas nerven. Aber eigentlich konnte ich auch überhaupt nicht schneller. Mir fehlte einfach die Luft und der Druck in den Beinen. Nun ja ich weiss jetzt das ich mit Bergen und Anstiegen nicht mehr laufen brauche. Das geht zur Zeit auf keinen Fall. Ich werde mir jetzt eine Strecke suchen wo keine Höhenmeter drin sind. Ist zwar etwas schwer bei mir aber es wird sich schon ein Weg im Tal finden denke ich. 🙂
    Wäre schön wenn wir im Austausch bleiben bzgl. unseres kleinen Handicaps. 😉

    LG
    Marco

    1. Hallo Marco,

      Mit einem ganz lockerem Lauf kannst Du dir sicher nicht schaden – im Gegenteil. Solche Läufe senken den Bludruck und von hundert auf null wäre sicher das schlechteste, dann bekommst Du Rythmusstörungen on top.

      Wir können uns dazu ja mal per e-Mail austauschen.

      Beste Grüße
      Sebastian

  4. Hallo Sebastian,

    der Drache war in der vergangenen Woche ja auch in meinem Blog ein Thema. Allerdings ist für mich der Drache mehr ein Symbol der Stärke und des Willens. Aber das passt ja auch zu dem, was Dich bewegt.

    Viele Grüße
    Rainer 😎

    1. Hallo Rainer,

      ja, das hab ich gelesen. Der Drache kam mir einfach spontan in den Sinn und schon war der Name vergeben. Tiefgründig habe ich da nicht mehr nachgeforscht – und ein passendes Motiv hatte ich damit auch noch 😉

      Beste Grüße
      Sebastian

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